Deutschland und die Wirtschafts- und Währungsunion. Zwischen der Suche nach mehr europäischer Integration und dem Beharren auf nationalen Interessen
Deutschland ist der Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion nur sehr zögerlich beigetreten und hat versucht, den Geist und die Funktionsregeln der Union zu diktieren.

Die Verteidigung dieser Regeln erklärt Berlins Verteidigung des Primats der Währungsstabilität, der Haushaltsstrenge, des Kampfes gegen Defizite und Staatsverschuldung und der Strukturreformen. Aber auch die Bundesrepublik Deutschland hat sich bei vielen Gelegenheiten flexibel gezeigt, auch wenn sie die Einhaltung der von ihr selbst aufgestellten Regeln in Frage stellt. Denn die Euro-Zone ist nicht nur ein Wirtschaftsprojekt, das auf die Stabilisierung des EU-Binnenmarktes ausgerichtet ist. Es ist auch ein politisches und sogar strategisches Projekt, das dazu beiträgt, Europa in einem zunehmend wettbewerbsorientierten und sogar konfliktreichen Umfeld zu stabilisieren. Die von den Deutschen getroffenen Entscheidungen zur Wiederbelebung der Wirtschaft, um den Auswüchsen der Covid-19 Krise zu begegnen, zeugen davon.
Hans Stark ist Professor für zeitgenössische deutsche Landeskunde und Berater für die deutsch-französischen Beziehungen im Ifri.
- Diese Publikation ist auf Französisch verfügbar: Allemagne d'aujourd'hui, n° 233, juillet-septembre 2020 (S. 81-93).
Verwandte Zentren und Programme
Weitere Forschungszentren und ProgrammeMehr erfahren
Unsere VeröffentlichungenFriedrich Merz und die „Zeitenwende 2.0“: eine „neue Ära“ für die transatlantischen Beziehungen?
Am 23. Februar 2025 waren fast 60 Millionen Wähler aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Diese Wahlen werden auch eine neue Regierung in der größten Volkswirtschaft Europas hervorbringen.
Nach den Wahlen: Deutschland auf der Suche nach erschütterter Stabilität?
Mit einer Wahlbeteiligung von 82,5 % hat Deutschland die höchste Beteiligung seit 1987 verzeichnet – ein Anstieg um 6,1 Prozentpunkte im Vergleich zu 2021. Wie schon damals hat die hohe Wahlbeteiligung vor allem der Alternative für Deutschland (AfD) genutzt, die viele frühere Nichtwähler mobilisieren konnte. Viele Wähler wollten mit ihrer Stimme die scheidende Regierung abstrafen, deren Zustimmung vor dem Bruch der Koalition im November 2024 nur noch bei 14 % lag. Deutschland steuert nun aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD zu – die Sondierungsgespräche haben am 28. Februar begonnen.
Wartet Frankreich auf Friedrich Merz?
In den vergangenen Wochen hat sich Friedrich Merz wiederholt für eine engere deutsch-französische Zusammenarbeit ausgesprochen. Wie viel Veränderung könnten seine Appelle tatsächlich bewirken?
Bündnis 90/die Grünen als Bündnispartei? Das Ende einer Illusion
Auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Wiesbaden im November 2024 kürten die Delegierten Robert Habeck zum Kanzlerkandidaten für die vorgezogenen Bundestagswahlen am 23. Februar 2025. Die vor fünfundvierzig Jahren gegründete Protestpartei ist heute fest in der deutschen politischen Landschaft etabliert. Nach dem Zusammenbruch der Ampelkoalition setzen die Grünen auf einen personalisierten Wahlkampf und bedienen einen optimistischen Diskurs, der auf die Gewährleistung eines guten, sozialen und gerechten Lebens ausgerichtet ist.