Die deutsche Industriemacht in Gefahr. Wie der Standort Deutschland den doppelten Schock der Energiewende und des geopolitischen Risikos zu bewerkstelligen hat.

Die deutsche verarbeitende Industrie, im Herzen der deutschen Wirtschaftsaktivität, ist seit ein paar Jahren mit unterschiedlichen Konjunkturschocks konfrontiert, die ihre Existenz auf dem deutschen Boden in Frage stellen: Die Energiewende, die sie kurzfristig davor abhält, auf fossile Energien aus Deutschland und Atomenergie zurückzugreifen; eine Infragestellung der Importe fossiler Energie aus Russland, die den Abzug der Produktionsstätten von fossiler Energie und Atomenergie verhindern; das unzureichende Vermögen erneuerbarer Energien, eine bedeutende Energienachfrage der verarbeitenden Industrie zu stillen; und das Zurückgreifen auf Alternativen zum Import von Energiequellen.

Sollte der Druck der europäischen Politik und der geopolitischen Krise mit Russland andauern und/oder wachsen, könnten energieintensive Industrien zu Teil- oder Vollschließungen von symbolischen Produktionsstätten bewogen werden, und ihre Aktivitäten in Drittstaaten auslagern. Die derzeitige Koalition in Deutschland, die sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt hat, dass die Energiewende beschleunigt werden soll, muss heute einer nie dagewesenen industriellen und geopolitischen Herausforderung entgegensehen.
Patricia Commun ist Professorin für deutsche Zivilisation an der Universität Cergy-Pontoise, Mitglied des AGORA-Labors und Direktorin des Masters in Sprachen und internationalem Handel UFR LEI.
Diese Publikation ist auf Französisch verfügbar: "La puissance industrielle de l'Allemagne en danger" (PDF).
Verwandte Zentren und Programme
Weitere Forschungszentren und ProgrammeMehr erfahren
Unsere VeröffentlichungenDie Deutsch-Französische Brigade und der Wiederaufbau der europäischen Verteidigung
Seit Donald Trumps Rückkehr ist klar: Das europäische Einigungsprojekt ist existenziell gefährdet. Gelingt es den Europäern angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine und schwindenden US-Sicherheitsgarantien nicht, verteidigungspolitisch souverän zu werden, werden die Integrationsbereitschaft im Inneren und die Attraktivität der EU nach außen weiter erodieren.
Friedrich Merz und die „Zeitenwende 2.0“: eine „neue Ära“ für die transatlantischen Beziehungen?
Am 23. Februar 2025 waren fast 60 Millionen Wähler aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Diese Wahlen werden auch eine neue Regierung in der größten Volkswirtschaft Europas hervorbringen.
Nach den Wahlen: Deutschland auf der Suche nach erschütterter Stabilität?
Mit einer Wahlbeteiligung von 82,5 % hat Deutschland die höchste Beteiligung seit 1987 verzeichnet – ein Anstieg um 6,1 Prozentpunkte im Vergleich zu 2021. Wie schon damals hat die hohe Wahlbeteiligung vor allem der Alternative für Deutschland (AfD) genutzt, die viele frühere Nichtwähler mobilisieren konnte. Viele Wähler wollten mit ihrer Stimme die scheidende Regierung abstrafen, deren Zustimmung vor dem Bruch der Koalition im November 2024 nur noch bei 14 % lag. Deutschland steuert nun aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD zu – die Sondierungsgespräche haben am 28. Februar begonnen.
Wartet Frankreich auf Friedrich Merz?
In den vergangenen Wochen hat sich Friedrich Merz wiederholt für eine engere deutsch-französische Zusammenarbeit ausgesprochen. Wie viel Veränderung könnten seine Appelle tatsächlich bewirken?