"Jusqu’ici, tout va bien" ? Deutsche und Französische Protestkultur im Vergleich

Der Einfluss unterschiedlicher Protestkulturen in Deutschland und Frankreich auf die Demokratie ist vielschichtig. Protest nimmt dafür verschiedene Formen an und dient als politische Repräsentation sowie Beitrag zur politischen Willensbildung.

Die Protestkulturen in Deutschland und Frankreich sind aufgrund unterschiedlicher Muster nur bedingt miteinander vergleichbar. Dennoch lassen sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede feststellen. Auf der einen Seite dominierten früher in beiden Ländern Gewerkschaften und politische Parteien die Protestlandschaft während heute Menschen verschiedener sozialer Schichten teilnehmen. Trotz einer deutlichen Überrepräsentation hoher Bildungsniveaus spiegeln Protestbewegungen in Deutschland und Frankreich heute ein breiteres gesellschaftliches Bild wider. Auch die Vielfalt der Protestthemen und die Bildung von politischen und sozialen Bewegungen reflektieren diesen Wandel. Auf deren Seite unterscheiden sich die Protestbewegungen in Deutschland und Frankreich in der Mobilisierungsstärke und Intensität der Proteste sowie in der Beeinflussung der Unzufriedenheit durch politische Systemfragen, wirtschaftliche Situation und soziale Strukturen.
Aktuell zeigt Deutschland Anzeichen für anhaltende oder steigende Protestbereitschaft, während in Frankreich zwar die Zahl der Demonstrationen abnimmt, dafür aber ein hoher Mobilisierungsgrad für einzelne Proteste erzielt wird. Insbesondere die Gelbwesten-Bewegung in Frankreich hat zuletzt eine breitere Diskussion über soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Ungleichheit, Umweltfragen und das Ende der repräsentativen Demokratie ausgelöst. Es stellt sich die Frage, ob die zunehmende Intensität der Proteste auf eine allgemeine Unzufriedenheit und Demokratiekrise hinweist oder eher auf gesteigerte bürgerliche Mitverantwortung.
Florian Staudt ist Europawissenschaftler und spezialisiert auf Deutsch-Französische Beziehungen sowie die europäische Integration.
Diese Publikation ist auf Frankreich verfügbar: « ‘‘Jusqu’ici, tout va bien’’ ? Analyse croisée des cultures contestataires en France et en Allemagne » (PDF).
Inhalte verfügbar in :
ISBN/ISSN
Verwendung
So zitieren Sie diese VeröffentlichungTeilen
Laden Sie die vollständige Analyse herunter
Auf dieser Seite finden Sie eine Zusammenfassung unserer Arbeit. Wenn Sie mehr Informationen über unserer Arbeit zum Thema haben möchten, können Sie die Vollversion im PDF-Format herunterladen.
"Jusqu’ici, tout va bien" ? Deutsche und Französische Protestkultur im Vergleich
Verwandte Zentren und Programme
Weitere Forschungszentren und ProgrammeMehr erfahren
Unsere VeröffentlichungenFriedrich Merz und die „Zeitenwende 2.0“: eine „neue Ära“ für die transatlantischen Beziehungen?
Am 23. Februar 2025 waren fast 60 Millionen Wähler aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Diese Wahlen werden auch eine neue Regierung in der größten Volkswirtschaft Europas hervorbringen.
Nach den Wahlen: Deutschland auf der Suche nach erschütterter Stabilität?
Mit einer Wahlbeteiligung von 82,5 % hat Deutschland die höchste Beteiligung seit 1987 verzeichnet – ein Anstieg um 6,1 Prozentpunkte im Vergleich zu 2021. Wie schon damals hat die hohe Wahlbeteiligung vor allem der Alternative für Deutschland (AfD) genutzt, die viele frühere Nichtwähler mobilisieren konnte. Viele Wähler wollten mit ihrer Stimme die scheidende Regierung abstrafen, deren Zustimmung vor dem Bruch der Koalition im November 2024 nur noch bei 14 % lag. Deutschland steuert nun aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD zu – die Sondierungsgespräche haben am 28. Februar begonnen.
Wartet Frankreich auf Friedrich Merz?
In den vergangenen Wochen hat sich Friedrich Merz wiederholt für eine engere deutsch-französische Zusammenarbeit ausgesprochen. Wie viel Veränderung könnten seine Appelle tatsächlich bewirken?
Bündnis 90/die Grünen als Bündnispartei? Das Ende einer Illusion
Auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Wiesbaden im November 2024 kürten die Delegierten Robert Habeck zum Kanzlerkandidaten für die vorgezogenen Bundestagswahlen am 23. Februar 2025. Die vor fünfundvierzig Jahren gegründete Protestpartei ist heute fest in der deutschen politischen Landschaft etabliert. Nach dem Zusammenbruch der Ampelkoalition setzen die Grünen auf einen personalisierten Wahlkampf und bedienen einen optimistischen Diskurs, der auf die Gewährleistung eines guten, sozialen und gerechten Lebens ausgerichtet ist.